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Welche Neuerungen gibt es in der Norm EN ISO 20345: 2022?

Die aktuelle Norm für Sicherheitsschuhe EN ISO 20345: 2012 wird aktualisiert und heißt nun EN ISO 20345: 2022. Welche Neuerungen und Änderungen gibt es? Hier finden Sie einen Überblick über die wichtigsten Änderungen, Punkt für Punkt.

1. Anforderungen an die Rutschsicherheit

SRA, SRB und SRC werden ersetzt. Stattdessen werden Tests zur Rutschsicherheit, die denen für die SRA-Klassifizierung entsprechen, in die Grundvoraussetzung für die Zertifizierung aufgenommen, weshalb keine besondere Kennzeichnung mehr erfolgt.
Zusätzlich zur Basiszertifizierung kann ein weiterer Rutschtest durchgeführt werden, der zur Kennzeichnung SR (Slip Resistance – Rutschfestigkeit) berechtigt.
Schuhe mit z. B. Stollen, die in der Praxis nur schwer oder gar nicht normgerecht geprüft werden können, können mit dem folgenden Symbol gekennzeichnet werden: Ø.
Die Testmethoden werden leicht angepasst, um die Realität besser zu simulieren, zum Beispiel werden alle Rutschtests auf Fliesen durchgeführt.

2. Anforderungen an den Perforationswiderstand

Ein Schuh, der mit einem Nageldurchtrittschutz ausgestattet ist, wurde bislang mit der Kennzeichnung P versehen.
Diese Kennzeichnung gibt allerdings keine Auskunft darüber, aus welchem Material der Nageldurchtrittschutz besteht. In der neuen Norm wird etwas deutlicher, aus welchem Material der Schutz besteht und wie groß der bei den Tests verwendete Nagel war. Ein geringerer Durchmesser bedeutet einen höheren Druck und damit höhere Anforderungen an den Schutz.

P: Nageldurchtrittschutz aus Stahl, Durchmesser des Testnagels 4,5 mm.
PL: „Nicht-metallischer“ Nageldurchtrittschutz, Durchmesser des Testnagels 4,5 mm.
PS: „Nicht-metallischer“ Nageldurchtrittschutz, Durchmesser des Testnagels 3 mm.

PS.png

3. Leistungsstufen

Die Anzahl der Leistungsstufen hat sich von SB–S5 auf SB–S7 mit den jeweils zugehörigen Unterstufen erhöht.
Die bisherigen Leistungsstufen waren wie folgt aufgeteilt:
SB, S1, S2, S3, S4 und S5, wobei SB die einzige Leistungsstufe ist, bei der ein offener Fersenbereich zulässig ist.
S1 war zuweilen mit einem zusätzlichen Nageldurchtrittschutz versehen und erhielt dann die Bezeichnung S1P.
S4 und S5 sind sogenannte Klasse-II-Produkte (Gummistiefel).

Die neuen Leistungsstufen sind unterteilt in:
SB, S1, S2, S3, S4, S5, S6 und S7.
Die Leistungsstufe S1 kann auch weiterhin mit dem Zusatz P versehen sein, also S1P. Da die Tests für den Nageldurchtrittschutz jedoch auf P, PL und PS erweitert wurden, kann die Leistungsklasse S1 auch mit den entsprechenden Zusätzen angegeben werden: S1P, S1PL und S1PS.

Andere Leistungsklassen, die bereits Anforderungen an den Nageldurchtrittschutz enthalten, werden nicht mehr angegeben, da die Leistungsklasse selbst bereits besagt, dass das Produkt diese Anforderungen erfüllt. Es kann allerdings hilfreich sein zu wissen, welche Art von Nageldurchtrittschutz das jeweilige Produkt bietet. So wird beispielsweise die Schutzklasse S3 (die Anforderung an den Nagelschutz ist in dieser Schutzklasse enthalten) in die folgenden drei Stufen unterteilt: S3, S3L und S3S.
S3 bedeutet, dass der Nageldurchtrittschutz mit einem Stahlnagel getestet wurde. S3L und S3S enthalten beide einen „nicht-metallischen“ Nageldurchtrittschutz, der mit einem großen (L = Large) bzw. einem kleinen Nagel (S = Small) getestet wurde. Die Unterteilung der Leistungsstufen S5 und S7 erfolgt auf die gleiche Weise, da diese Leistungsstufen auch Anforderungen an den Nageldurchtrittschutz stellen.

Safety_footwear_EN_ISO_20345-2022 (002).jpg

4. Zusatzanforderungen

Die zusätzlichen Anforderungen wurden von 12 auf 18 erhöht. Einige wurden entfernt und gehen nunmehr in die Basiszertifizierung ein, andere wurden hinzugefügt. Die neue Liste der 18 möglichen Zusatzanforderungen sieht wie folgt aus:

standards_safety_shoes.png

Codes und Anforderungen:

PL – Perforationswiderstand (nicht-metallische Einlage)
PS – Perforationswiderstand (nicht-metallische Einlage) 
C – Leitfähige Schuhe
A – Antistatische Schuhe
HI – Wärmeisolierung des Sohlenkomplexes
CI – Kälteisolierung des Sohlenkomplexes
E – Energieaufnahmevermögen im Fersenbereich
WR – Wasserdichtheit
M – Mittelfußschutz
AN – Knöchelschutz
CR – Schnittschutz
SC – Abrieb der Schutzkappe
SR – Rutschhemmung (Keramikfliesenboden mit Glycerin)
WPA – Wasserdurchtritt und Wasseraufnahme
HRO  – Verhalten gegenüber Kontaktwärme
FO – Kraftstoffbeständigkeit
LG – Leitergrip

5. Leitergrip

Der „Fersengrip für Leitern“ ging bisher in die Norm für Schuhe für die Feuerwehr ein. Dieser Teil wurde für einen eigenständigen Zusatztest für alle Sicherheitsschuhe kopiert. Auf diese Weise können alle Sicherheitsschuhe nach der neuen Norm auf ihre Trittsicherheit hin getestet werden. Bitte beachten Sie, dass dies einer von mehreren zusätzlichen, nicht obligatorischen Tests ist.

lg.png

6. Die FO-Kennzeichnung ist nicht mehr obligatorisch

Die FO-Kennzeichnung bezieht sich auf die Widerstandsfähigkeit der Schuhsohle gegen Kohlenwasserstoffe (Öle, Benzin usw.). Diese war bislang für die Leistungsstufen S1–S5, also sämtliche Schuhe mit geschlossenem Fersenbereich, obligatorisch. FO wird künftig als zusätzlicher Test für Schuhe angeboten, die für Umgebungen mit Kohlenwasserstoffen bestimmt sind, sofern dies relevant ist.

fo.png

7. Wasserdichtheit

Es wurden zwei neue Leistungsstufen hinzugefügt: S6 und S7. Beiden ist gemeinsam, dass sie Anforderungen an die Wasserbeständigkeit stellen (wasserbeständig, Kennzeichnung WR). Ansonsten bietet S6 denselben Schutz wie S2, jedoch mit zusätzlichen Anforderungen an die Wasserdichtheit (WR), während S7 die gleichen Schutzeigenschaften wie S3 aufweist, jedoch mit zusätzlichen Anforderungen an die Wasserdichtheit (WR).

Ein zugelassener Schuh mit der Kennzeichnung S2 oder S3 hat nach der „alten“ Norm ein wasserabweisendes Obermaterial (Water Repellent Upper, WRU). Allerdings wird zur Erlangung der WRU-Kennzeichnung nur das Material selbst getestet. Wenn das Material in einen Schuh eingearbeitet ist, kann der Schuh als Ganzes seine wasserabweisenden Eigenschaften verlieren, weil durch die Nähte Wasser eindringt.

In der neuen Norm verschwindet die WRU-Kennzeichnung, stattdessen wird nun die Kennzeichnung WPA (Water Penetration and Absorption – Wasserdurchtritt und Wasseraufnahme) und die bereits erwähnte Kennzeichnung WR verwendet.

8. Zeitplan

Sicherheitsschuhe, die nach dem 30. März 2023 in Verkehr gebracht werden, müssen nach EN ISO 20345: 2022 zertifiziert sein. Sicherheitsschuhe, die bereits auf dem Markt sind und deren Zertifikat noch gültig ist, müssen jedoch erst dann nach der neuen Norm zertifiziert werden, wenn das Zertifikat sein Ablaufdatum erreicht hat, auch wenn dieses nach dem 30. März 2023 liegt. Die EU-Baumusterprüfung (Bescheinigung) hat eine Gültigkeit von 5 Jahren. Daher werden in nächster Zeit sowohl nach neuen als auch nach alten Normen zertifizierte Produkte auf dem Markt verfügbar sein.